In dieser Episode dreht sich alles um das Thema „Kommunikation auf dem Shopfloor“. Im Rahmen der Vorbereitung einer neuen Gemba-Walk-Routine (Gemba = Ort des Geschehens) kommt es im Führungskreis zu Widerständen, weil angeblich zu wenig Zeit dafür da ist mit den Mitarbeitenden täglich über Verbesserungen zu reden – Warum nicht, was glauben Sie?
Neulich beim Kunden…
…war ich in einem Vorbereitungsmeeting – gemeinsam mit einem Führungskräfteteam bestehend aus übergeordneten Managern der Produktionsbereiche sowie deren Teamleiter und Meister. Das Meeting diente zur Vorbereitung von neuen Kommunikationsroutinen auf dem Shopfloor mit primärem Fokus auf das tägliche Shopfloor-Meeting und eine bis dato noch nicht praktizierte Gemba-Walk-Routine.
Die Gemba-Walk-Routine beschreibt einen kommunikativen Führungsprozess, den die Führungskräfte im laufenden Produktionsbetrieb auf dem Shopfloor bzw. dem Gemba beschreiten, um die Arbeitsprozesse hautnah mitzuerleben und dabei mehr Nähe zu den Mitarbeitenden aufzubauen. Das Wort Gemba kommt aus dem japanischen und bedeutet „der eigentliche Ort“ bzw. steht für den „Ort des Geschehens“, also dort wo die Prozesse stattfinden, Wertschöpfung an den Produkten erzeugt wird, die produktive Arbeit erfolgt etc.
Die Gemba-Walk-Routine ist dabei explizit darauf ausgerichtet, dass Führungskräfte bewusst vor Ort gehen und die Zustände vor Ort sehen lernen, d.h. unmittelbar spüren was dort los ist und wie sich die Mitarbeitenden dort verhalten bzw. interagieren.
Dabei ist es vorgesehen, mit den Mitarbeitenden vor Ort persönlich mehr ins Gespräch zu kommen, um eine bessere Beziehung und schließlich eine bessere Vertrauensbasis aufzubauen. Dazu werden bestimmte, situations- und themenspezifische Fragestellungen genutzt, um Auffälligkeiten in den Prozessen und Zuständen zu klären, Sinn zu stiften etwas positiv zu verändern und gleichsam Hilfe anzubieten, um Verbesserungen zu unterstützen, kurz gesagt, die Mitarbeitenden intensiver in die Weiterentwicklung der Produkte und Prozesse einzubinden.
Während meiner Vorstellung eines systematischen Ablaufs dieser Routine und der Ergründung sinnvoller Fragstellungen mit dem Team viel mir plötzlich einer der Führungskräfte ins Wort und erwähnte lautstark: „Das sollen wir alles machen – dazu habe ich keine Zeit!“. Er ergänzte weiter: „Wenn ich jeden Tag ne Stunde in der Produktion verbringen soll und mit allen Mitarbeitenden sprechen soll, wer macht dann meine Arbeit?“.
Ich erwiderte: „Sie machen Ihre Arbeit!“ und ich ergänzte: “Da ich davon ausgehen mag, dass der wesentliche Kern Ihrer Führungsaufgabe darin besteht, Ihr Team weiterzuentwickeln und besser zu machen, damit dadurch bessere Prozesse und bessere Produkte entstehen!“
Ein Raunen ging durch die Reihen und eine andere Führungskraft fragte: „Soll das heißen, dass wir mit jedem unserer Mitarbeitenden täglich ein Gespräch vor Ort führen sollen?“, woraufhin einer der Meister sofort reagierte mit den Worten: “Das mache ich doch schon alles!“.
Ich unterbrach das entstehende, negativ denkende Gerede mit folgenden Fragen:
- „Wie gelingt es Ihnen, dass Verbesserungen vor Ort durch Ihre Mitarbeitenden von sich aus initiiert und durchgeführt werden, damit Sie Ihre Ziele, wie vor allem eine gesteigerte Produktivität und Effizienz, erreichen?“
- „Wie zeigen Sie aktiver Interesse an dem, was Ihre Mitarbeitenden täglich beschäftigt und wie wertzuschätzen Sie das, was bereits gut funktioniert, um die Stärken Ihres Teams zu nutzen, um Verbesserungen aktiv umzusetzen.“ und
- „Wie aktivieren und gewinnen Sie Menschen Veränderung vor Ort mitzugestalten?“
„Das klingt für mich logisch…“ sagte einer der führenden Manager, „…wenn wir unsere Ziele wirklich erreichen wollen, dann brauchen wir die Menschen vor Ort und diese holen wir nicht gut genug mit, wenn wir in unseren Büros sitzen!“
„Ja, es geht um den direkten, kommunikativen Weg!“ ergänzte ich. „Aber wie sollen wir das denn jeden Tag schaffen mit der Gemba-Walk-Routine?“ fragte jemand. „Ich habe doch nicht den ganzen Tag Zeit auf dem Shopfloor zu verbringen!“
Ich antwortete: „Ich lade Sie zunächst ein die neue Routine auszuprobieren, aus den Erfahrungen zu lernen und das Gelernte auch im Führungskreis miteinander zu reflektieren.“
Nehmen Sie sich ganz bewusst Zeit, die Sie sowieso investieren müssen, um kontinuierliche Verbesserungen herbeizuführen und warum dann nicht gleich mit viel Denkpotenzial
- Fangen Sie schrittweise an, d.h. Sie müssen nicht mit jedem Mitarbeitenden jeden Tag ausführlich sprechen und jede der definierten Fragestellungen in Gänze durchkauen
- Holen Sie Ihre Mitarbeitenden vorher ab und stellen situativ Fragen, um das Mitmachen zu aktivieren
- Stellen Sie Ihre Erwartungshaltung in Bezug auf das Mitmachen klar und steigern Sie gezielt die Intensität in der Lösungsfindung zur Überwindung von Hindernissen, indem Sie vor allem mehr Zeit investieren mit dem Team gemeinsam an der Ursachenergründung zu arbeiten
Liebe Führungskräfte – sagen Sie bitte niemals in Bezug auf Veränderung und Verbesserung „Dafür habe ich keine Zeit“, weil Ihre Arbeit besteht im Grunde zum größten Teil daraus, sich mit Hindernissen auseinanderzusetzen, die Sie vom gewünschten Ziel-Zustand abhalten.
Und eines sollte Ihnen klar sein, zusammen kommen Sie mit Ihren Mitarbeitenden auf dem unvorhersehbaren Hindernisweg nur weiter, wenn es Ihnen gelingt eine Mitmach-Kultur aufzubauen – Wie? Na, ganz einfach mal tun, umsetzen, Neues zulassen und Vertrauen schenken, dass es gelingt!
Stellen Sie sich bitte jeden Tag die Frage: Was können Sie heute noch tun, dass Ihr Team besser wird?“

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